Rumänientour 2009 - Kundenreisebericht

Rumänientour 2009


KTM-Motorradabenteuer Rumänientour 2009
KTM-Motorradabenteuer Rumänientour 2009

 Als ich im Juli 2009 mit meiner in Deutschland lebenden Freundin rumänischen Ursprungs zu einer 10-tägigen Reise in Rumänien startete, wusste ich ausgehend von meinen „bescheidenen“ Geographiekenntnissen aus der Schulzeit nicht viel mehr, als das wir ein Land in Südosteuropa bereisen werden, von welchem die Hauptstadt Bukarest ist, der Nordosten des Landes an Moldawien, der Norden an die Ukraine, der Westen an Ungarn, der Südwesten an Serbien, der Süden an Bulgarien, sowie der Osten an das Schwarze Meer grenzt. Die Karpaten, neben den Alpen, ein bedeutendes Hochgebirge Europas, bilden das Zentrum von Rumänien und durchziehen das Land von Südwesten nach Norden in einem offenen Bogen. Sie setzen sich in die Ukraine und Polen nach Nordwesten/Westen fort. Übriges Land ist in Hochland und Ebenen gegliedert, wobei erwähnt werden muss, das die Donau mit 2.857 km der zweitlängste Fluss Europas. Sie fließt an der Landesgrenze zu Ungarn, Serbien und Bulgarien durch die Ebenen Rumäniens nach Nordwesten an der Grenze zur Ukraine und Moldawien in ein gigantisches 5.000 km² großes Biosphärenreservat, dem Donaudelta, und mündet in das Schwarze Meer.

Darüber hinaus war mir auf der kulturellen Ebene bekannt, dass es wohl einmal so etwas wie einen „Dracula“ gegeben haben muss, der im Mittelalter in Transsylvanien zu Hause war. Begriffe wie „Walachei“ waren mir zudem aus dem erzgebirgischen Sprachgebrauch mit Freunden geläufig.

Mit den vorab geschilderten spartanischen Geographie- und Kulturkenntnissen des Landes, kombiniert mit meiner rumänisch sprechenden Freundin, einer aus dem Internet bestellten Endurokarte, sowie dem Motivationswort „FAHRTWIND“ unseres KTM-Händlers „Berni“ aus Lößnitz im Ohr, starteten wir nach einem groben Plan die nachfolgend beschriebene Tour:


1. Tag

Ich glaube das Anstrengendste von allen Dingen der ganzen Reise war die 17-stündige Anreise aus Deutschland (Auto mit Hänger) nach Lipova - Bad Lippa - ca. 30 km östlich von Arad und 80 km westlich der ungarischen Grenze in die Geburtsstadt meiner Freundin.
Nach einer Mütze Schlaf in brütender Hitze hat uns dafür der Empfang bei den Verwandten - Oma, Tante, Onkel, Cousinen und Cousins - umso mehr entschädigt. Und sogleich lernte ich die rumänische Gastfreundschaft kennen, in der ich als Fremder sehr herzlich aufgenommen wurde. Trotz relativ ärmlicher Verhältnisse hat es an nichts gefehlt, vor allem nicht an einem guten Pflaumenschnaps, welcher in einer 1,5 l Plastikflasche serviert wurde (...wahrscheinlich nicht im Kaufland des benachbarten neuen Einkaufscenters in Arad erworben).

Nach dem Bepacken meiner KTM Superenduro 950 R mit zwei Alukoffern, Tankrucksack, Gepäckrolle und „Freundin“ führte uns der erste Tag unserer Rumänien-Tour, ausgehend von Lipova, auf ca. 260 km in südliche Richtung durch das hügelige Karpatenvorland der Walachei über kleinere Dörfer und Städte durch ein Skigebiet namens Semenic nach Baile Herculane. Vorwiegend Asphalt, jedoch wenig gut ausgebaut und teilweise Offroad, war das ein kleiner Vorgeschmack, auf das, was uns in den nächsten Tagen blühen sollte.
Baile Herculane, zu deutsch Herkulesbad, ist am Namen erkennbar, eine Bäderstadt aus der Römerzeit. Sie beherbergt heiße Mineral- und Thermalwasserquellen und hat eine ziemlich verfallene Bäderarchitektur. Dennoch ist in den Straßen reger Betrieb und es gibt allerhand zu entdecken. Äußerst interessant sind die am Cerna befindlichen kleinen maroden Betonbecken, die mit heißem Thermalwasser natürlich aus dem Berg gespeist werden. Die kann jeder nach Lust und Laune zu Badezwecken benutzen, gerade richtig nach einem anstrengenden Motorradtag. Im Übrigen war ich überrascht als wir mitten im Zentrum eine private Übernachtung für schlappe 10 € ohne Frühstück bekamen.




2. Tag

Unseren 2. Tag begannen wir ohne Frühstück und fuhren auf der Hauptstraße zur Donau nach Orsova. Dort hat die Donau eine beachtliche Breite von 3 km. Grund genug, an einem Strandbad bei herrlichem Sonnenschein, ein gepflegtes Frühstück einzunehmen. Da ich der rumänischen Sprache nicht mächtig bin, hat die Bestellung in der Regel meine Freundin übernommen, was für ein Glück. :-)

Am Rande möchte ich erwähnen, dass ein guter Freund aus Schlettau im Jahr 1975 hier die „DDR-Republik“-Flucht von Rumänien nach Jugoslawien erfolgreich durchgeführt hat. Er hat sich kein Boot geliehen, er ist einfach abends halb neun ins Wasser gegangen und hat nach 3,5 Stunden das gegenüberliegende Ufer erreicht. Dort wurde er zufälligerweise von einem westdeutschen Ehepaar aufgegriffen und in die Botschaft nach Belgrad gefahren. Mit jugoslawischer Staatshilfe und 50 DM war er innerhalb von 2 Tagen in München.
Für uns Grund genug, ihm früh die besten Grüße nach Deutschland zu senden.

Nach dem Frühstück setzten wir unsere Fahrt entlang der Donau fort, hielten kurz am Eisernen Tor, einem imposanten Taldurchbruch der Donau, der durch ein 1972 in Betrieb gegangenes, gigantisches Wasserkraftwerk zwischen Rumänien und Serbien verschlossen wurde.
Bei großer Hitze ging es mit mehrmaligen Orientierungsschwierigkeiten durch das Hinterland von Drobeta Turnu Severin in Richtung Nordosten durch das Cerna Tal, welches wir auch von Baile Herculane hätten fahren können, im wesentlichen Offroad durch die Südkarpaten. Das Cerna-Tal ist wegen seines Schluchtencharakters besonders reizvoll und sehenswert. Die Strecke lässt auf ca. 70 km komplettes Offroad- Feeling (bis kurz vor Uricani) aufkommen. Dann ging es ausgehend von Petrosani 30 km Offroad in den dichten Wald der Karpaten nach Obarsia Lotrului. Interessant fand ich nach einem kurzen Zwischenstopp auf einer Passhöhe nicht nur die bergige Landschaft, sondern auch den Geruch von Bären, welchen ich glücklicherweise nur aus dem Tierpark kannte. Doch der vertraute Umgang mit meiner KTM Superenduro und erfolgreiches lautes Gasgeben brachte uns nach ca. 330 km etwas schneller an unser Tagesziel, einer genialen rustikalen Cabana mitten im Wald. Abseits jeglicher grundlegender Zivilisation waren wir froh nicht am Fluss zelten zu müssen, was scheinbar für die Straßenbauarbeiter, welche sich zu dieser Zeit hier aufhielten, kein Problem darstellte. Nach einem spontanen rumänischen „Sturz“-Bier, einem eiskalten Ciuc, haben wir die rumänische Küche in vollsten Zügen genossen und die grobe Richtung des nächsten Tages gepeilt.


3. Tag

Da auch diese Pension über nicht allzu fleißige Mitarbeiter am Morgen verfügte, haben wir das Frühstück ausgesetzt und sind erst mal abseits der Straße in den Lacul Vidra, einen angrenzenden, zu Bauzwecken geleerten Stausee, gefahren. In hiesigen Breiten hätte wahrscheinlich der Staumeister mit einem großen Polizeiaufgebot eine Verhaftung des Motorradrowdys veranlasst. Hier war's egal...umso besser :-) Weiter auf dem Waldweg entlang des Sees, begegneten uns mehrere Waldarbeiter, meist Firmen, jedoch auch eine Familie, bei der beide Söhne im jugendlichen Alter von 12-14 Jahren mit Pferden in harter Arbeit Bäume aus dem Wald bergen mussten. Der Vater hatte gerade eben, früh um neun, eine Ziege geschlachtet, die die Nahrung für die nächsten Tage liefern sollte. Er lud uns zum Frühstück ein. Beim Anblick der Schlachtreste sowie dem lauwarmen Geruch in der frischen Morgenluft war uns erst mal alles vergangen. Um die Gastfreundschaft von „Bruno“, so hat er sich uns vorgestellt, nicht ganz auszuschlagen, bot er uns zumindest einen selbstgebrannten Pflaumenschnaps aus einer Kaffeetasse an. ...Ohne einen Bissen zu gegessen zu haben, naja, es war mindestens die halbe Tasse...ich spare mir weitere Worte...
Aus dem Wald heraus ging es über einen Pass nach Voineasa, einem im Tal herrlich gelegenen Urlaubs- und Erholungsort. In der erstbesten Lokalität durften wir ein geniales Frühstück mit allen Raffinessen genießen. Alle Ereignisse der letzten 2 Stunden waren verdrängt. Von Voineasa aus ging es dann auf der Straße in das Olt-Tal, auf die Europastraße 7 20 km nach Norden und dann östlich Richtung Perisani/Salatrucu. In den Dörfern, nur unweit der Zivilisation, herrscht zum Erschrecken bittere Armut. Aber jeder scheint irgendwie zurecht zu kommen. Ein Grundstück, Obst- und Gemüseanbau und einfache Tierhaltung, zum Überleben langts. Den Ort Salatrucu haben wir nie erreicht, da wir uns aufgrund fehlender Beschilderung mehrfach verfahren hatten. Auch die rumänische Sprache meiner Freundin hat nichts genützt, da die Leute nach unserem Eindruck keinen allzu großen Wirkungskreis haben, dir zwar helfen wollen, jedoch oft nicht wissen, wie weit der nächste Ort entfernt ist und welcher Weg denn nun der Richtige ist.
Nach 30 km orientierungslosen Offroad-Abenteuern gelangten wir über Curtea de Arges und die legendäre hochalpine Transfogarasch-Straße im Fogarascher Gebirge der transsylvanischen Karpaten, Richtung Norden auf eine Passhöhe in 2.100 m Höhe. Ceausescu ließ diese Straße zu touristischen und militärischen Zwecken auf insgesamt 152 km Länge bauen. In wahnsinnigen Kurven schlängelt sich das Teerband zum Pass und zu einem traumhaften See, dem Balea Lac. Hier fanden wir nach 350 Tageskilometern ein schönes Hotel mit mitteleuropäischem Standard.

An dieser Stelle sei erwähnt, dass wir nicht grundsätzlich nach feinen Hotels Ausschau gehalten haben. Eine Pension empfanden wir in der Regel immer als ausreichend. Das Hotel am Balea Lac war doch mit 25€ Ü/F für rumänische Verhältnisse recht teuer, aber dafür sehr schön.


4. Tag

Am nächsten Tag starteten wir von Balea Lac über die Transfogarasch Richtung Norden - 35 km nur Kurven und das am Morgen. Die genaue Grenze zwischen dem Gebiet der Walachei und Transsylvanien dürften wir nach meiner Meinung auf der Passhöhe Balea Lac erreicht haben. Eins ist jedenfalls sicher, das wir entlang des Fogarascher Gebirges und Erreichen der Stadt Bran, genannt Törzburg, in Siebenbürgen waren.

Transsylvanien...wurde von den ungarischen Königen im 12./13. Jahrhundert auch das Land hinter den Wäldern genannt. Durch die Besiedelung mit Deutschen von Mosel und Rhein, genannt „die Sachsen“ (auch wenn es keine echten Sachsen waren) wurden nach dem Vorbild deutscher Städte befestigte Mauern und Türme sowie Städte gebaut. Die Siedler gaben dem Land den Namen „Siebenbürgen“ - aufgrund der sieben von ihnen errichteten Städte.

  1. Sibiu-Hermannstadt 
  2. Sighisoara-Schässburg 
  3. Brasov-Kronstadt 
  4. Medias-Mediasch 
  5. Sebes-Mühlbach 
  6. Cluj-Napoca-Klausenburg
  7. Bistritza-Bistritz

In Bran darf eine Besichtigung des Schloss Dracula natürlich nicht fehlen, eine kleine auf dem Fels gebaute urige Burg aus dem 14. Jahrhundert, in der der legendäre Vlad Tepes - genannt Dracula - gehaust haben soll. Nach näherem Betrachten war von alldem Grusel und den Schauergeschichten nicht viel zu spüren. Unbestätigte Quellen behaupten, er habe dort lediglich eine Nacht in Gefangenschaft verbracht.
Egal - trotzdem sehenswert…
Nach einem kurzen Trip durch die angrenzenden Stände der Souvenirverkäufer dachten wir einen Augenblick, wir sind bei den Vietnamesen in Tschechien. Als dann noch scharenweise Japaner aufgelaufen sind, hieß es nur schnell auf die KTM und ab in die Karpaten. Nur unweit von Törzburg streiften wir einen weiteren bekannten Ort Siebenbürgens, den Ort Rasnov – Rosenau - mit einer genialen Bauernburg aus dem 12. Jh. Sicherlich sehenswert, jedoch stand bei 30° Temperatur und brennender Sonne eine kühle Motorradfahrt im Vordergrund.
Über einen Pass ging es weiter in die Skiorte Predeal, Busteni und Sinaia.
Aus den Kindheitserinnerungen meiner Freundin heraus, musste es bei Sinaia in der Nähe des 2.500 m hohen Vf. (Berg) Omu eine interessante Felsformation namens Babele geben. Nun die galt es zu finden, da wie die Erfahrungen der letzten Tage bewiesen haben, in der Regel keine Schilder standen. Nach einer 25 km langen beschwerlichen Offroadfahrt bis auf 2.200 m Höhe haben wir neben einer gemütlichen Cabana (Hütte, wir würden sagen, ne Alm) die üppigen Felsformationen gefunden. Der harte beschwerliche Aufstieg, im Übrigen mit einem Tourenmotorrad nicht zu empfehlen, hatte sich gelohnt, denn der geniale Anblick der schroffen Felsgebilde in der Abendsonne, welche Figuren und Tieren ähneln, war für diesen Tag ein besonderer Leckerbissen. Leider war die Cabana voll belegt, so dass wir um halb acht abends noch die letzten Kilometer des 350 km langen Trips ins Tal nach Sinaia fahren mussten. Halb entkräftet haben wir dann in Sinaia eine wunderbare Pension - Villa Camelia - im Stil des 19. Jh. gefunden und uns dann in das bescheidene Nachtleben des schlafenden Skiortes begeben.

5. Tag

Die 5. Etappe begann mit einem kleinen Stadtspaziergang durch den Park zum Schloss Peles. Während unseres Kurztrips mussten wir feststellen, dass Sinaia aufgrund des winterlichen Skitourismus durchaus mit dem uns bekannten mitteleuropäischen Standard mithalten kann. Im Schlosspark des Schloss Peles fielen uns ungewöhnliche schwarz-weiß-kopierte Schilder auf, auf denen vor Bären gewarnt wurde, und das mitten im Ort. Sehr ungewöhnlich für unsere Begriffe, zumal wir nur in den Bergen mit einer Begegnung des dicken Pelztiers gerechnet hatten. Nach Recherche lies der damalige rumänische Diktator Ceausescu junge Bären in Gefangenschaft aufwachsen und dann aussetzen, um sie dann zu jagen. Daraus entwickelte sich jedoch im Laufe der letzten Jahre eine Bärenplage. Durch das vertraute Umfeld zum Menschen dringen die Bären aus den Wäldern in die Orte ein, um nach Nahrung zu suchen. Intensive Jagd hat den Bestand um ca. 2.000 auf etwa 6.000 Tiere reduziert, immer noch genug. Die Forstbehörden versuchen durch gezielte Fütterung in den Bergen nach und nach die Rückkehr der Bären in die Wälder zu fördern. Trotz der vielen Warnschilder haben wir nicht einen Bären zu Gesicht bekommen, wahrscheinlich waren meine zwei Akrapovic-“Essen“ an meiner Superenduro ähnlich dem Klang eines Schnellfeuergewehres :-)
Gegen Mittag starteten wir dann endlich unsere Tagestour, die Richtung Südosten nach 150 km in Slanic endete. Die Namen der Dörfer, die wir unterwegs passierten weiß ich nicht mehr, jedenfalls hatten wir uns trotz rumänisch und Durchfragen mehrfach verfahren. Das Navi hatte außer den Himmelsrichtungen eh nur eine statistische Rolle gespielt.
Der Ort Slanic am Auslauf der Südkarpaten in Richtung östlicher Tiefebene ist eher nicht so sehenswert. Umso interessanter sind die Salinefreibäder mit äußerst konzentriertem salzhaltigem Wasser, in denen wir nach den Anstrengungen des Tages ausgiebig entspannt haben. Die Befahrung des naheliegenden Salzbergwerkes haben wir uns gespart. Eine private Pension für 10€/ o.F. in ordentlichem Niveau war ganz in der Nähe.


6. Tag

Die 6. Etappe führte uns 450 km durch die Tiefebene der großen Walachei über die Dobrudscha in das Donaudelta an das Schwarze Meer. Verwöhnt von vielen Kurven und Offroad-Abenteuern ging es bei 35° und in allen Teilen geöffneten Motorradklamotten bis in einen der letzten, durch Straßen befahrbaren, Orte des Donaudeltas nach Murighiol. Auf der Überlandfahrt ins Delta sei noch zu erwähnen, dass sich in Harsova die letzte Donaubrücke befindet. Sie ist mit 1.446 m Länge seit der Eröffnung 1971 eine der ältesten befahrenen Brücken der Region.
Kurz vorm Zielort sahen wir einige Werbeschilder mit kleineren Hotels und Pensionen. Die Übernachtung durfte demnach gesichert sein. Nach Ankunft am Ufer erzählte man uns, dass man hier im Ort nicht übernachten könne, sondern die Hotels im Delta liegen. Was nun? Das Motorrad stehen lassen? Es wurde uns empfohlen, nebenan bei privaten Leuten alles abzulegen und das Motorrad gesichert abzustellen. Etwas mulmig war uns schon. Ich hatte schon ein Zugticket für die Rückreise im Kopf… Man hörte ja über Rumänien viele Schauergeschichten wegen unfreiwilliger Entnahme von Kulturgütern zum Zwecke des günstigen Weiterverkaufs. Egal- die Leute sahen irgendwie vertrauenswürdig aus.
Nach einer Viertelstunde Bootsfahrt mit den nötigsten Utensilien dachten wir, neben dem Delta auch das Schwarzes Meer zu sehen. Doch weit gefehlt, vor uns stand ein kleines Hotel mit Swimmingpool und gepflegter Außenanlage. Irgendwie waren wir überrascht und glücklich, so etwas vorzufinden. Nach einem weiteren kleinen Ausflug mit dem hoteleigenen Motorboot, geführt vom „Hotelpagen“, genossen wir die Abendsonne im Delta - einfach genial. Zum Abendessen gab es im Übrigen frischen Fisch, was sonst? Nach dem uns während des Essens und dem Genuss eines gekühlten rumänischen Bieres die Mücken zerfraßen, mussten wir uns schlagartig in das Innere des Hotels zurückziehen. Die Arme waren bereits von Blutspuren überzogen, denn die Plagegeister waren so groß wie KTM-Öltankverschlüsse.


7. Tag

Den nächsten Tag haben wir zunächst entspannt begonnen, als uns in einer frühmorgendlichen Bierlaune (man könnte sagen-Frühschoppen) die Idee kam, den Taxi-Bootsfahrer, der uns am Vortag zum Hotel chauffiert hatte zu engagieren, eine weitere Fahrt ins Delta zu organisieren. Da halfen uns die perfekten Rumänischkenntnisse meiner Freundin bestens weiter. 20 min später stand der Kollege an der Anlegestelle, beladen und ab ging’s. Nach kurzer Fahrtzeit haben wir im Delta die wahre Zivilisation verlassen und uns über Schleichwege menschenleeren Tümpeln angenähert und seltene frei lebende Pelikane beim Balzen beobachtet. Eigentlich war auch ein Ziel das Schwarze Meer zu Gesicht zu bekommen, doch der „Calimero“, so nenne ich ihn mal, gab uns zu verstehen, dass das mindestens noch eine bis anderthalb Stunde Fahrtzeit bis dorthin ist. Das zeigt nur ungefähr wie mit 5.000 km² unvorstellbar groß das Donaudelta ist. Der scheinbar so auf Naturschutz bedachte „Calimero“ wandte kurz darauf sein Antlitz und brachte noch etwas Action ins Spiel, als er auf der Rückfahrt mit Vollgas durch die engen unbelebten Schilfgassen fuhr. Wahrscheinlich wäre in Deutschland die Küstenwache mit Kapitän Iglo gekommen und hätte umfangreiche Verhaftungen vorgenommen. Am Ufer angekommen, war ich ganz gespannt, ob die KTM einschl. aller Klamotten den Ort verlassen hatte..glücklicherweise nicht. Wir haben die Parkplatzwächter mit 5 € entschädigt und alle waren glücklich.
Der Start unserer siebenten Tour verschob sich nach dem Deltaausflug auf die Mittagszeit. Noch überwältigt von den Eindrücken führte uns die Tour über Tulcea und Isaccea teilweise entlang der Donau sowie der ukrainischen Grenze nach Braila, wo wir mit der Fähre an der Donau übersetzen mussten. Die ganze Fahrt war überraschenderweise durchaus kurvenreich.
Das Tagesziel war nicht geplant. Über Buzau erreichten wir nach ca. 420 km um 21.00 Uhr einen kleinen Ort namens Magura in den Ostkarpaten. Das an einer Hauptstraße gelegene rustikale Hotel mit Aussichtsbiergarten kam uns wie gerufen nach einem anstrengenden Fahrtag.

Grund unserer späten Ankunft war keinesfalls die mangelnde Leistung meiner Superenduro, sondern die Besichtigung einer geologischen Besonderheit, die Vulcanii Noroisi (Vulkan-Muffetten) bei Berca, unweit unserer Unterkunft. Diese Muffetten sind kleine Schlammvulkane, die in einem mehrere Hektar großen Areal durch Kohlendioxid grauen Schlamm aus dem Untergrund mit einer Art dumpfen Blubbern ans Tageslicht fördern. Die vielen Krater in ihrer Gesamtheit ähneln einer Mondlandschaft. Dumm ist nur, wenn man aufgrund seiner Neugier zu nah herantritt und bis zum Knie eintaucht, so wie es mir erging. Das Lachen umherstehender Touristen war mir gewiss...ohne weiteren Kommentar.



8. Tag

Am 8. Tag fuhren wir von Magura aus weiter auf der Straße Nr. 10 über gut ausgebaute kurvenreiche Asphaltstraßen der Ostkarpaten nach Nordwesten Richtung Sfantu Gheorghe. Es ging östlich vorbei an der Stadt Richtung Norden durch Targu Seculesc mit einem kurzen Offroadanteil von 20 km. Das Fahren von unbefestigten Straßen ist im Übrigen in Rumänien völlig normal. Plötzlich endet eine asphaltierte Straße und geht in einen Waldweg über und man weiß nicht, ob das der richtige ist. Wenn dann im Wald mehrfach Autos entgegenkommen, fühlt man sich in gewisser Weise bestätigt.
Auf dem Weg lag auch ein interessanter Kurort namens Baile Tusnad, der wesentlich gepflegter ist wie Herkulesbad im Süden des Landes. Das Heilwasser sprudelt genauso irgendwo aus dem Wald, äußerst spartanisch, aber schön.
An den zweisprachigen Ortsnamen der Region war zu erkennen, dass wir uns im Gebiet der ungarischen Minderheit befinden. Beim Durchfragen wurde in ungarisch geantwortet, die Leute wollten kein rumänisch sprechen. Das hatte uns überrascht, kein Wunder, wenn es zwischen Rumänen und Ungarn Spannungen gibt.

Mit großem Offroadanteil fuhren wir Richtung Norden durch die Wälder der Ostkarpaten und landeten nach ca. 320 km an unserem Tagesziel, dem Lacu Rosu, genannt der rote See. Dieser 11 ha große See entstand 1837 durch eine Naturkatastrophe, einen Erdrutsch eines angrenzenden Steilhanges. Seit dieser Zeit ragen etwas mystisch die abgebrochenen Baumstümpfe aus dem Wasser. Übernachtung ist in Lacu Rosu kein Problem, ob Pension, Hütte oder Hotel. Man bekommt in jedem Falle etwas. Wir hatten in einer Pension für 10 €/P ein Gartenhäuschen mit Vollausstattung, auch das gibt es.
Nach einem kleinen Rundgang im Gelände haben wir die unzähligen kleinen Imbißbuden am See ausprobiert. Hier gibt es wie überall die rumänische Spezialität Mici- Mitch genannt, gegrillte Hackfleischröllchen mit Knoblauch, das geht bei jedem Wetter, ein gekühltes rumänisches Bier dazu und ein Pflaumenschnaps. Da ging doch der Tag gepflegt zu Ende.


9. Tag

Nach der obligatorischen Ruderfahrt auf dem See und einem ausgiebigen Frühstück an den besagten Imbißbuden starteten wir zum nächsten Highlight, der in unmittelbarer Nähe befindlichen Cheile-Bicaz - Bicaz-Schlucht, durch die eine asphaltierte kurvenreiche Straße führt. An der engsten Stelle ist die Schlucht nur 6 m breit. Die Felswände ragen über 100 m in die Höhe. Die Bicaz-Schlucht wird auch aufgrund ihres atemberaubenden Anblicks Höllenschlund genannt. Die Straßenränder der Schlucht säumen, nicht ganz zum Bild passend, unzählige Händler, die allerlei Naturprodukte und Souvenirs verkaufen. Wir haben auf den Kauf des Karpaten-Schaffells verzichtet, da die sommerlichen Temperaturen um die 30° waren.

Durch die Schlucht hinab führte uns unser Weg durch die Stadt Bicaz und weiter entlang des Lacul Izvorul Muntelei - Bicaz-Stausse. In dem erneut ungeplanten 30 km Offroadabenteuer streiften wir das Ceahlan Felsmassiv der Karpaten, welches mit ca. 1.900 m Höhe gigantisch über der Waldgrenze ragt und auch „Olymp der Moldau“ genannt wird. Der Bicaz-Stausse wird durch die Bistritz gespeist, ein 50 km langes Tal, welches beidseitig durch bewaldete Berge den Charakter eines Kerbtals hat, wegen des Kurvenreichtums ein Eldorado für Motorradfahrer. Allerdings waren die Straßenverhältnisse nicht immer optimal. Unser Weg führte uns dann nach mehrerem Durchfragen und Verfahren abseits der Straße 17 B nach einer größeren Offroadpassage von 50 km nach Valea Putnei und Mestecanis, wo wir nach ca. 300 km in einem kleinen Hotel auf einem Pass übernachteten. Zur Orientierung: Von hier aus waren es bis zu ukrainischen Grenze nur noch ca. 50 km.


10. Tag

Der 10. Tag startete wenig spektakulär auf einer nagelneu asphaltierten Staatsstraße von Mestecanis und Iacubeni über die Straßen 17 und 18. Anhand des Straßenzustandes konnte man unschwer erkennen, das der Euro der EU mittlerweile bis in den Norden des Landes vorgedrungen ist. Wie überall in Rumänien so auch in der Moldauregion, fehlte es an vernünftiger Straßenbeschilderung, so dass wir uns abseits der asphaltierten Straßen bei Borsa 30 km Offroad durch die waldreiche Gegend nach Süden orientieren mussten. Über Nasaud und Bistritza führte uns unser Weg wieder nach Siebenbürgen. Interessant ist, wenn dann bspw. die Ortsnamen Reghin auch in deutsch „Sächsisch Regen“ bezeichnet sind. Das gibt einem das Gefühl von Heimat in einer fremden Welt. Unterwegs besuchten wir noch die Salinefreibäder bei Sovata. Nach einer kurzen Abkühlung ging es dann zu unserem Tagesziel nach Sighisoara-Schässburg, einer mittelalterlichen Stadt, die mittlerweile zum Weltkulturerbe gehört. Schässburg wird wegen der winkligen Gassen, krummen Häusern und der mächtigen Burg aus dem 12. Jh. auch das Nürnberg Siebenbürgens genannt.

Eine Unterkunft zu finden, ist ein Kinderspiel. Es gibt einige Hotels am Markt. Wir wurden jedoch von einer älteren Dame angesprochen, ob wir eine Übernachtung suchen. So haben wir uns privat einquartiert und alles war bestens, Preis 10 €/ P. Mitten im Zentrum, 2 min vom Markt ging es dann in das beschaulich urige Nachtleben der mittelalterlichen Stadt. In der Casa Vlad Dracul soll der legendäre Vlad Tepes - Graf Dracula - 1431 geboren sein. Das ist jedoch historisch nicht belegt. Jetzt ist das eine gemütliche Kneipe mit Terrasse, die man, wenn man in der Gegend ist, unbedingt besuchen sollte. Die Preise entsprechen allerdings fast mitteleuropäischem Niveau.



11. Tag

Zum Abschluss unserer Rumänien-Tour fuhren wir bei brennender Hitze durch hügeliges Karpatenvorland von Schässburg über Biertan- Bierthälm weiter über Land nach Alba Iulia- Karlsburg. Beide Orte sind aufgrund der Historie äußerst interessant. So ist in Bierthälm eine Kirchenburg aus dem 12. Jh. zu besichtigen, die die deutschen Siedler erbaut haben, genauso wie die Burg in Karlsburg. Jedoch war uns der Fahrtwind lieber. In Deva- Diemrich mussten wir die Europastraße E 68 verlassen, weil der Verkehr unerträglich wurde. Allgemein ist in Rumänien zu empfehlen, möglichst keine Europastraßen zu benutzen. Diese sind zwar sehr gut asphaltiert, doch der LKW-Transit Richtung Bulgarien und Türkei verläuft durch Siebenbürgen. Über kleinere Ortschaften gelangen wir nach ca. 360 km zurück an unseren Ausgangspunkt in Lipova.
Der Empfang bei Oma und Tante war nach gesunder Rückkehr entsprechend und so genossen wir ein weiteres Mal die rumänische Gastfreundschaft. Wir ließen den Abend mit allerlei rumänischen Spezialitäten, unter anderem mit dem selbstgemachten Rumtopf, ausklingen. Am nächsten Tag traten wir, nachdem meine KTM eine ausgiebige Wäsche erhalten hatte, unsere 17-stündige Heimreise nach Deutschland an.


Fazit

Selbst nach 2 Jahren sind diese kleinen Abenteuer für mich noch so lebendig, das ich jedem empfehlen kann, dieses Land zu bereisen. Von alldem, was an Negativem berichtet wird, kann ich nichts bestätigen. Im Gegenteil - die Menschen sind anfangs eher zurückhaltend und freuen sich aber dann, wenn sie weiterhelfen können. Sicherlich ist nicht von der Hand zu weisen, dass die rumänische Sprache meiner Freundin keine unwesentlichen Vorteile brachte.
Mit ein bisschen Mut und Selbstbewusstsein kommt man in Rumänien hervorragend zurecht.

Euer Steven


Hier noch einige wichtige Hinweise:

Essen u. Trinken - rumänische Spezialitäten:

  • Ciorba de Burta...eine Art Flecke mit Milch, leicht säuerliche Kuttelsuppe
  • Mici- Mitch genannt...gegrillte Hackfleischröllchen aus Schafs- u. Schweinefleisch mit Knoblauch
  • Mamaliga...salziger Maismehlbrei als Beilage zu Fleischgerichten
  • Tsuica...rumänischer Pflaumenschnaps
  • rumänische Weine sind i. a. sehr kräftig
  • rumänisches Bier ist analog dem deutschen Bier

Geld:
Wir haben die Erfahrung gemacht, dass man in der Regel mit Bargeld am besten kommt. EC-Karten oder Visa-Karten sind z. B. zum Bezahlen an der Tankstelle ungeeignet. In den Hotels der zivilisierten rumänischen Welt ist das o.k. Man sollte auf jeden Fall rumänische Lei in der Bank tauschen. Es gibt aber auch private Tauschgeschäfte, auf die ich nicht näher eingehen möchte. Dort bekommt man normalerweise einen besseren Kurs.
Zu unserer Zeit war der Kurs 1 € = 4,20 Lei., derzeit (Okt. 2011 4,30 Lei)

Kraftstoff:
Dadurch, dass Rumänien ein Erdölland ist, ist das Tanken meist kein Problem. Es gibt alle gebräuchlichen Spritsorten. Jedoch sollte man mit gesundem Menschenverstand beurteilen können, dass man sich aufgrund der vielen Offroadabenteuer mit erhöhtem Spritverbrauch bewegt. Ich habe immer zwei 2 l Kanister mitgeschleppt, die ich auch benutzen musste.

Übernachtung/Camping:
In der Regel ist in Rumänien nach meinem Dafürhalten das wilde Campen an Flüssen und im Wald geduldet. Jedoch haben wird das nicht unbedingt vor gehabt, da das aufgrund der Bären nicht ganz ungefährlich ist.
Die Übernachtungspreise sind in privaten Pensionen ja eh überschaubar. Frühstück gibt es meistens keins oder es muss extra bestellt werden. Die Preise für eine private Übernachtung lagen, wie im Text erwähnt, bei 10-15 €/ P. Mittelklassige Hotels verlangen ca. 20-40 €/ P.

Klima:
In Rumänen herrscht ein typisches Kontinentalklima, im Landesinneren sind die Sommer mäßig warm in den Ebenen eher schwül und heiß. Plötzliche Niederschläge und Gewitter sind nicht ungewöhnlich. Die Winter sind kalt und schneereich, vor allen Dingen in den Karpaten. Das ist auch am Skitourismus zu erkennen. Da wir im Juli das Land bereist haben, war die Hitze manchmal unerträglich. Jedoch mit einer schönen Motorradfahrt und Zwischenstopps an Bademöglichkeiten war alles bestens.

Steven Dummis 2009

 




--, Sibiu

Freitag, 10.07.2009